Demokratie & Gerechtigkeit

Die OSCE Parallel Conference - Stärkung der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit

Ein Netzwerk von mehr als 90 Menschenrechtsgruppen ist in Wien zusammengekommen, um zu erörtern, wie der Stimme der Zivilgesellschaft bei der OSCE mehr Gehör verschafft werden kann.

by Corallina Lopez Curzi

Aufbau und Stärkung zivilgesellschaftlicher Kooperationen

Die Civic Solidarity Platform (CSP), ein Netzwerk von mehr als 90 Menschenrechts-NGOs aus der Gesamtheit der Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), richtete am 5. und 6. Dezember 2017 in Wien die OSCE-Parallel Civil Society Conference aus und baute damit auf der Tradition der OSZE-Parallel-Konferenzen 2010 in Astana, 2011 in Vilnius, 2012 in Dublin, 2013 in Kiew, 2014 in Basel, 2015 in Belgrad und 2016 in Hamburg auf. Das Netzwerk ist bestrebt, zivilgesellschaftliche Akteure zusammenzubringen, um sich aktiv im Geiste der Helsinki-Prinzipien an der Arbeit der OSZE zu beteiligen und zur vollständigen Verwirklichung der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in der gesamten OSZE-Region beizutragen.

Auf der Konferenz trafen sich Aktivisten und Experten aus Albanien, Armenien, Österreich, Aserbaidschan, Weißrussland, Belgien, Dänemark, Georgien, Deutschland, Ungarn, Italien, Kasachstan, Kosovo, Kirgisistan, Mazedonien, Moldawien, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland, Serbien, der Slowakei, Spanien, Schweden, der Schweiz, Tadschikistan, der Türkei, Turkmenistan, der Ukraine, Großbritannien und den USA und entwickelten gemeinsam Strategien für eine Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kooperation in- und außerhalb der OSCE.

Konkrete Empfehlungen aussprechen

Wie jedes Jahr endete die Konferenz mit der Veröffentlichung einer Reihe von Ergebnisdokumenten der Konferenz: die Wiener Erklärung “Preventing security measures from eclipsing human rights and the rule of law ("Verhindern, dass Sicherheitsmaßnahmen die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in den Schatten stellen") und den Empfehlungen der Zivilgesellschaft an die Teilnehmer des Ministerratstreffens in Wien. Diese Dokumente wurden dann von den Delegierten der CSP, Melissa Hooper von Human Rights First und Corallina Lopez Curzi von der IItalian Coalition for Civil Liberties and Rights, den Vertretern der OSZE-Institutionen und politischen Gremien, einschließlich des scheidenden und des kommenden österreichischen und italienischen Vorsitzes, vorgelegt und symbolisch übergeben.

In der Wiener Erklärung geht es in erster Linie darum, zu verhindern, dass Sicherheitsmaßnahmen die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in den Hintergrund drängen. Sie betont, dass die Menschenrechte bei der Bekämpfung des Terrorismus kein Hindernis, sondern der Kern der Lösung sind. In der Erklärung wird große Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, wie Behörden in der gesamten OSZE-Region im Rahmen des Kampfes gegen den Terrorismus Maßnahmen zur Einschränkung der Menschenrechte eingeführt haben, wobei Konflikte als Vorwand dienen (unter anderem durch den Einsatz von verlängerten "Ausnahmezuständen", um geltende Menschenrechtsgarantien zu umgehen); Schließlich werden die OSZE-Teilnehmerstaaten, -Institutionen und -Politikorgane aufgefordert, dem Schutz der Menschenrechte bei der Bekämpfung des Terrorismus Vorrang einzuräumen.

Die Empfehlungen befassten sich mit einer Vielzahl von dringenden Fragen, von der allgemeinen Frage des schrumpfenden Raums für die Zivilgesellschaft bis hin zur spezifischen Situation im Donbass:

  • In der ersten Gruppe von Empfehlungen werden im Wesentlichen die bereits 2016 in der Hamburg Declaration on Protecting and Expanding Civil Society Space (Hamburger Erklärung zum Schutz und zur Erweiterung des Raums der Zivilgesellschaft von 2016) geäußerten Sorgen über die rasch abnehmenden Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung in Fragen der öffentlichen Ordnung in der gesamten OSZE-Region wiederholt. Der OSZE-Vorsitz wird aufgerufen, dem Schutz des zivilgesellschaftlichen Raums und der Sicherheit von Menschenrechtsverteidigern Vorrang einzuräumen und die Ernennung eines Sonderbeauftragten für die Zivilgesellschaft in Erwägung zu ziehen; Politische Gremien und Institutionen der OSZE werden aufgefordert, ein System der raschen Reaktion auf Fälle von Verfolgung von NRO und Aktivisten der Zivilgesellschaft zu entwickeln; Das ODHIR (Office for Democratic Institutions and Human Rights) wird aufgefordert, seine Anlaufstelle für Menschenrechtsverteidiger wiederherzustellen; die OSZE-Teilnehmerstaaten werden aufgefordert, die OSZE/ODIHR-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern umzusetzen;
  • Die zweite Gruppe von Empfehlungen beschäftigt sich mit dem Thema Meinungsfreiheit, welches als eines der wichtigsten Anliegen angesehen wird. Während des gesamten Jahres 2017 erwiesen sich die Auswirkungen der Antiterrorinitiativen der Staaten auf die Meinungsfreiheit aus sicht der Mitglieder der CSP als besonders besorgniserregend, insbesondere die zunehmenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und die Gewalt gegen Journalisten. Die CSP empfiehlt daher die Umsetzung der Gemeinsamen Erklärungen, die der OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit zusammen mit den drei anderen internationalen Berichterstattern abgegeben hat, sowie jener der CSP 2015 Belgrade Declaration. Insbesondere ersucht er das ODIHR und das Büro des OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit, eine Reihe von Empfehlungen auszuarbeiten, mit dem Ziel, die Meinungsfreiheit und die Medienfreiheit auch und gerade im Rahmen der Bekämpfung von Terrorismus und gewalttätigem Extremismus zu schützen; die Teilnehmerstaaten verpflichten sich erneut, sichere Bedingungen für Journalisten, Blogger, Informanten und andere Personen, die das Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben, zu gewährleisten und die Rechenschaftspflicht für alle Angriffe auf diese Themen zu gewährleisten;
  • Die dritte Reihe von Empfehlungen betraf die kritische Frage der Migration und der damit verbundenen Fremdenfeindlichkeit. Eine Reihe von Teilnehmerstaaten hat neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Zuwanderung beschlossen und durchgesetzt, in anderen Staaten sind die Einwanderungs- und Integrationspolitiken nach wie vor völlig unzureichend. Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung nehmen in der gesamten OSZE-Region zu, was mit dem Erstarken von rechtsextremen populistischen Parteien mit krassen Anti-Migranten-Botschaften und der Zunahme von Hassreden und Hassverbrechen gegen Migranten und Flüchtlinge einhergeht. Die Tatsache, dass der neue italienische Vorsitz die Migration zu einer seiner thematischen Prioritäten erklärt hat lässt hoffen, dass die konkreten Anstrengungen in diesem Bereich 2018 neue Impulse erhalten werden. Die CSP bekräftigt damit die früheren Empfehlungen der CSP Basel Declaration, in denen u.a.: die Politischen Gremien der OSZE zur Entwicklung eines umfassenden OSZE-Aktionsplans zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung aus allen Gründen, Hassverbrechen und anderen Formen der Intoleranz, aufgefordert wurden; ODHIR zur Entwicklung umfassender Leitlinien für Teilnehmerstaaten zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung aus allen Gründen, Hassverbrechen und anderen Formen der Intoleranz durch Bildungs- und Jugendpolitik aufgefordert wurde; OSZE-Teilnehmerstaaten aufgefordert wurden, ausnahmslos den internationalen Schutz von Flüchtlingen zu gewährleisten, wie er in der Konvention von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und in dem dazugehörenden Protokoll von 1967 festgelegt ist;
  • Die vierte Gruppe von Empfehlungen betraf die Menschenrechte im Kontext von Konflikten. Die CSP stellte hier unter anderem fest, dass der Schutz des zivilgesellschaftlichen Raums als eine Frage der Konfliktverhütung zu behandeln ist, und forderte die OSZE-Akteure auf, repressive Gesetzes- und Politikänderungen, die sich auf den zivilgesellschaftlichen Raum auswirken, als Frühwarnsignale für eine Krise mit menschlicher Dimension zu betrachten, die zu Destabilisierung und Entwicklung einer Konfliktsituation führen kann;
  • Die fünfte Gruppe von Empfehlungen betraf Folter und Verschwindenlassen, die auch 2017 zu den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen in vielen OSZE-Teilnehmerstaaten gehörten - mit extrem niedrigen Strafverfolgungsquoten, die eine Atmosphäre der Straflosigkeit nährten. Darüber hinaus rechtfertigen Regierungen zunehmend den Einsatz von Folter und Misshandlung, indem sie sich im Rahmen von Maßnahmen zur Terrorismusprävention auf Sicherheitsbedenken berufen. Bei den Ministerratssitzungen in Basel, Belgrad und Hamburg haben die Teilnehmerstaaten es versäumt, einen Beschluss zur Bekämpfung der Folter zu fassen. Die CSP forderte daher, dass die künftigen OSZE-Vorsitze Italiens und der Slowakei sicherstellen sollten, dass die Verhütung von Folter eine Priorität der OSZE ist, und dass sie, wenn irgend möglich, einen Beschluss auf der Mailänder Ministerratstagung 2018 anstreben sollten. Besondere Aufmerksamkeit galt auch der Frage des Zugangs zum Recht für die Opfer von Verschwindenlassen und deren Familien.
  • Weitere Empfehlungen wurden in Bezug auf die Notwendigkeit ausgesprochen, die geschlechtsspezifischen Auswirkungen auf die OSZE-Aktivitäten zu berücksichtigen, die Bedeutung einer Stärkung der OSZE-Arbeit in der menschlichen Dimension und die Notwendigkeit dringender Maßnahmen in Bezug auf den Donbass-Konflikt.

Die Präsentation der Empfehlungen

Der Amtierende Vorsitzende der OSZE und der österreichische Außenminister Sebastian Kurz nahmen die Empfehlungen der Zivilgesellschaft an die Exekutivstrukturen und Teilnehmerstaaten der OSZE am Vorabend des 24. OSZE Ministerratstreffens entgegen.

"Ich danke der Civic Solidarity Platform für ihren unermüdlichen Einsatz und ihre gute Zusammenarbeit während unseres Vorsitzes", sagte Kurz bei der Entgegennahme der Empfehlungen. Ich freue mich sehr, dass sich die Erklärung der Civic Solidarity Platform auf das Thema der Bekämpfung von Radikalisierung und Terrorismus unter uneingeschränkter Beachtung der Menschenrechte konzentriert. Ihre Einschätzung und Ihre Aufforderung an die OSZE-Teilnehmerstaaten, dafür zu sorgen, dass solche Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung oder zur Bekämpfung von Extremismus nicht als Vorwand missbraucht werden, um gegen unabhängige oder kritische Stimmen vorzugehen, ist von wesentlicher Bedeutung.

Neben dem Amtierenden Vorsitzenden der OSZE nahmen folgende Personen an der Abschlusssitzung der Konferenz teil: der Koordinator des italienischen OSZE-Vorsitzes 2018 im italienischen Außenministerium, Alessandro Cortese, der stellvertretende Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der OSZE, Heinrich Haupt, der Generalsekretär der OSZE, Thomas Greminger, die Direktorin des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte, Ingibjörg Sólrún Gísladóttir und der OSCE-Beauftragte für Medienfreiheit, Harlem Désir.


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