Demokratie & Gerechtigkeit

Was ist direkte Demokratie? Definition, Beispiele, Vor- und Nachteile

Was ist direkte Demokratie, und was unterscheidet sie von der indirekten Demokratie? Ein Blick auf die Vor- und Nachteile der "reinen Demokratie" und auf die Frage, ob sie heute noch funktionieren könnte.

by Jonathan Day
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Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du in einer Form von Demokratie lebst. Fast alle Europäerinnen und Europäer tun das, und alle, die in der Europäischen Union leben, leben in einer Demokratie, denn die Institutionen eines Landes müssen unter anderem Demokratie und Rechtsstaatlichkeit garantieren, um der EU beitreten zu können.

Die Form der Demokratie, in der die EU-Bürgerinnen und -Bürger leben, ist die repräsentative Demokratie, in der wir Politikerinnen und Politiker wählen, die wiederum darüber abstimmen, was Gesetz werden soll. Aber es gibt noch eine andere, ältere Form der Demokratie, die manche für echter und reiner halten. Sie wird direkte Demokratie genannt.

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Was bedeutet direkte Demokratie?

Direkte Demokratie bedeutet, dass die Menschen selbst über Maßnahmen und Gesetze abstimmen, anstatt Politiker zu wählen, die dies in ihrem Namen tun. Deshalb wird sie manchmal auch als "reine Demokratie" bezeichnet. Direkte Demokratie kann verschiedene Formen annehmen, z. B. ein System, in dem alle Entscheidungen der Exekutive und Legislative direkt vom Volk getroffen werden, oder ein System, in dem nur über bestimmte politische Maßnahmen oder Gesetze abgestimmt wird.

Das letztgenannte System war in der modernen Geschichte die häufigste Form der direkten Demokratie und wird als halbdirekte Demokratie bezeichnet. Es handelt sich um eine Mischform, die die Grundsätze der direkten und der repräsentativen Demokratie miteinander verbindet. Das Volk wählt Vertreter:innen, die das Tagesgeschäft regeln, aber es behält die Macht, über wichtige Fragen direkt abzustimmen, indem es ein verbindliches Referendum, eine Volksinitiative, einen Mandatsentzug und öffentliche Konsultationen durchführt.

Wie unterscheidet sich eine direkte Demokratie von einer indirekten Demokratie?

Wie bereits erwähnt, stimmt das Volk in einer direkten Demokratie direkt über Gesetze oder andere politische Initiativen ab. Bei der indirekten Demokratie wählt das Volk Vertreter:innen, die diese Abstimmungen in seinem Namen durchführen.

Welche Formen der direkten Demokratie gibt es?

Wir haben bereits über die halbdirekte Demokratie gesprochen, die als eine Form der direkten Demokratie oder als ein eigenständiges System betrachtet werden kann. Die beiden wichtigsten Formen der direkten Demokratie sind die partizipative Demokratie und die deliberative Demokratie.

Die partizipative Demokratie ist ein Demokratiemodell, bei dem die Bürgerinnen und Bürger die Macht haben, politische Entscheidungen direkt durch ihre Stimme zu treffen. Der Schwerpunkt der partizipativen Demokratie liegt auf der direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger durch ihre Stimmabgabe an den Ergebnissen von Gesetzes- oder Politikvorschlägen.

Eine ähnliche, aber andere Form der direkten Demokratie ist die deliberative Demokratie. In der deliberativen Demokratie wird der Schwerpunkt auf die Debatte und Beratung als Schlüsselelement der Entscheidungsfindung gelegt. Gesetze sind nicht nur deshalb legitim und wirksam, weil die Mehrheit der Menschen sie unterstützt, sondern weil sie ausführlich diskutiert und erörtert wurden, wobei alle Standpunkte berücksichtigt und alle Vor- und Nachteile abgewogen wurden.

Der Unterschied zwischen partizipativer und deliberativer Demokratie lässt sich gut am Prozess festmachen. In der partizipativen Demokratie gehen die Menschen zur Wahl und stimmen ab. In einem deliberativen Prozess versammeln sich die Menschen in einer Art Versammlung, debattieren und diskutieren die Themen, über die abgestimmt werden soll, und treffen dann eine einvernehmliche Entscheidung.

Beispiele für direkte Demokratie

Der Ursprung der modernen Demokratie, zumindest so wie wir sie gemeinhin verstehen, ist das direktdemokratische System von Athen um 600 v. Chr. In dieser athenischen Demokratie wählten die Bürger keine Stellvertreter, die in ihrem Namen über Gesetze abstimmten, statt dessen stimmten sie selber über Vorschläge und Initiativen ab.

Heute gibt es jedoch nur wenige, wenn überhaupt, echte direktdemokratische Staaten. Die Schweiz ist stolz auf ihr System der direkten Demokratie - die Regierung hat sogar eine eigene Webseite, um es zu preisen - tatsächlich ist das Schweizer System auf Bundesebene jedoch eine halbdirekte Demokratie. Die Politiker:innen werden gewählt, um das Land zu regieren und viele Entscheidungen im Namen des Volkes zu treffen. Dennoch haben die Bürgerinnen und Bürger ein hohes Maß an demokratischer Macht. Sie können Änderungen an der Verfassung vorschlagen oder eine Volksabstimmung über ein von der Bundesregierung, einem kantonalen Parlament oder einer anderen gesetzgebenden Körperschaft vorgeschlagenes Gesetz beantragen.


In den Vereinigten Staaten gibt es in vielen Einzelstaaten und Gemeinden noch ein gewisses Maß an direkter Demokratie. In Neuengland zum Beispiel versammeln sich die Bürgerinnen und Bürger in so genannten Town Halls zu direktdemokratischen Beratungen, um über lokale Gesetze und Verordnungen zu entscheiden. Und in vielen Ländern, wie dem Vereinigten Königreich und rund einem Dutzend EU-Staaten, gibt es immer noch nationale Volksabstimmungen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger direkt über einen Gesetzesvorschlag abstimmen können, z. B. über die Zulassung von Abtreibung oder den Austritt aus der Europäischen Union.

Direkte Demokratie: Was sind die Vor- und Nachteile?

Die direkte Demokratie, auch "reine Demokratie" genannt, wird oft als die wahrhaftigste Form der Demokratie angesehen. Das Volk wählt die Gesetze, unter denen es lebt, und lässt die "Mittelsmänner" weg, die in seinem Namen abstimmen. So gesehen kann sie als grundsätzlich tugendhafter angesehen werden als die repräsentative Demokratie. Das heißt aber nicht, dass sie nicht auch ihre Nachteile hat. Was sind also die wichtigsten Vor- und Nachteile?

Vorteile:

- Transparenz: Die direkte Demokratie ist sicherlich die transparenteste Form der Demokratie. Es gibt keine "Hinterzimmer-Deals", die über das Ergebnis oder den Umfang von Gesetzen entscheiden, denn Diskussionen und Debatten über wichtige Themen werden öffentlich geführt. Und es sind die Menschen, die darüber entscheiden, ob ein Vorschlag zum Gesetz wird, und die somit die volle Verantwortung für das Ergebnis tragen.

- Rechenschaftspflicht: Apropos Verantwortung: Die direkte Demokratie sorgt dafür, dass es keinen Zweifel daran gibt, wer für den Erfolg oder Misserfolg der Gesetze oder der Politik eines Landes verantwortlich ist. Außerdem kann die Regierung nicht behaupten, den Willen des Volkes nicht zu kennen, und parteiische Lobbyarbeit und andere Einmischungen in den Gesetzgebungsprozess sind minimal oder gar nicht vorhanden.

- Zusammenarbeit: Die direkte Demokratie ermutigt die Bürgerinnen und Bürger, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren, nicht nur, um die aktuelle Gesetzgebung zu prüfen, sondern auch, um eine Gesetzgebung zu erarbeiten, die den meisten Menschen am besten dient und somit die besten Chancen hat, von der Mehrheit unterstützt zu werden. Und wenn die Menschen sicher wissen, dass ihre Stimme in dem Prozess berücksichtigt wird, sind sie viel eher bereit, sich zu beteiligen und mit ihren Mitbürgern zusammenzuarbeiten.

Nachteile:

- Unentschlossenheit: Um es einfach auszudrücken; Es gibt heute mehr Menschen als zu Zeiten der direkten Demokratie. Viel, viel mehr. Man denke nur an die Vereinigten Staaten mit ihren rund 350 Millionen Einwohnern. Wenn sie alle über jede politische Initiative oder jeden Gesetzesvorschlag abstimmen müssten, würde nie etwas erreicht werden. Das wäre einfach kein effizientes System.

- Partizipation: Wir sind vielbeschäftigte Menschen. Wir haben Jobs zu erledigen, Familien zu versorgen und Sportmannschaften, von denen wir auf ungesunde Weise besessen sind. Wenn wir bei jeder Entscheidung mitreden sollen, verlieren wir irgendwann einfach das Interesse. Oder wir sind einfach nicht in der Lage, einer solchen Anforderung gerecht zu werden.

- Spannungen: Wichtige Entscheidungen führen oft zu Spannungen zwischen Menschen mit gegensätzlichen Ansichten. Je wichtiger die Entscheidung, desto größer die Spannungen. Je mehr Entscheidungen, desto mehr Spannungen. Der Versuch, die direkte Demokratie heute einzuführen, könnte zu noch mehr Spannungen in der Gesellschaft führen, in der die Menschen wütender und vielleicht auch gewalttätiger sind.

In vielerlei Hinsicht verdient die direkte Demokratie ihren Titel als die reinste Form der Demokratie. Aber heißt das auch, dass sie die beste ist? Es gibt viele Gründe, warum wir zögern sollten, in einer echten direkten Demokratie zu leben, auch wenn sie sicherstellt, dass unsere individuelle Meinung zählt und beim Endergebnis berücksichtigt wird. Sicherlich ist die repräsentative Demokratie entstanden, weil sie einige Dinge besser macht als die direkte Demokratie. Aber ob wir unsere repräsentativen Demokratien so erhalten können, dass sie so funktionieren, wie sie gedacht waren, ist eine ganz andere Frage.

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