Demokratie & Gerechtigkeit

Was sind Menschenrechte: Definition, Institutionen, Situation, Rechtsverstöße

Jeder Mensch weltweit sollte Menschenrechte genießen. Sie stehen uns allen zu. Doch leider ist dies in vielen Ländern nicht der Fall. Welche Rechte haben wir alle und was kann dafür getan werden, dass sie überall geschützt werden?

by Franziska Otto

Was sind Menschenrechte?

Menschenrechte sind eine Reihe von Rechten, die allen Menschen zustehen. Eigentlich sollten wir diese Rechte von Geburt an bis zu unserem Lebensende genießen können, ganz gleich wo wir wohnen, wie wir aussehen, wen wir lieben oder woran wir glauben. Die Rechte müssen auch nicht mit der Zeit erlangt werden, etwa durch besondere Verdienste, sondern sind uns zu eigen einfach, weil wir leben. Leider ist es aber so, dass auch im 21. Jahrhundert die Einhaltung von Menschenrechten noch immer keine Selbstverständlichkeit ist.

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Menschenrechte erfüllen drei Kriterien. Sie sind:

  • Unveräußerlich: Wir können Menschenrechte nicht freiwillig aufgegeben oder abgetreten werden.
  • Universell: Menschenrechte gelten für alle Menschen und stehen allen Menschen zu.
  • Unteilbar: Man kann nicht ein Recht auf Kosten eines anderen verwirklichen.

Was sind die Unterschiede zwischen Menschenrechten und Bürgerrechten?

Menschenrechte und Bürgerrechte sind beides sogenannte Grundrechte. Sie unterscheiden sich aber dahingehend, für wen sie gelten. Menschenrechte stehen, wie erwähnt, allen Menschen zu. Bürgerrechte hingegen gelten nur für die Bürgerinnen und Bürger eines Staates.

Beispiele sind das Wahlrecht, nur Bundesbürger dürfen in Deutschland an Bundestagswahlen teilnehmen, oder auch das Versammlungsrecht. Zwar darf jeder Mensch, ganz unabhängig von der Staatsangehörigkeit, eine Demonstration besuchen und dort seine oder ihre Meinung äußern. Aber, der Staat kann Personen, die keine deutschen Staatsbürger sind, verbieten eine Demonstration anzumelden.

Was ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte?

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen. Sie ist Teil des internationalen Menschenrechtskodex, zu dem neben ihr noch andere Dokumente gehören.

Mit der AEMR zeigten die Vereinten Nationen die Absicht, die in der Erklärung enthaltenen Menschenrechte in möglichst allen Staaten durchzusetzen und zu schützen. Ihre Bestimmungen sind in viele nationale Verfassungen aufgenommen worden. In Deutschland finden sie sich im Grundgesetz.

Ein großes Problem der AEMR ist aber, dass sie nicht rechtlich bindend ist und auch keinen eigenen Kontrollmechanismus hat. Sie enthält also keine rechtliche Möglichkeit, Staaten, die gegen Menschenrechte verstoßen, zur Rechenschaft zu ziehen.

Was enthält die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte?

Die AEMR enthält 30 Artikel, die bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte darstellen. Diese reichen von Anti-Diskriminierung (Artikel 2 und 7), über das Recht auf Asyl (Artikel 14) bis hin zum Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 19) und das Recht auf Bildung (Artikel 26). Außerdem beinhaltet die AEMR das Recht, dass jeder den Anspruch darauf hat, in einer sozialen und internationalen Ordnung zu leben, in der die Menschenrechte voll verwirklicht werden können (Artikel 28).

Artikel 30 der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte ist die sogenannte Auslegevorschrift. Sie besagt, dass keines der Menschenrechte missbräuchlich ausgeübt werden darf. Staaten dürfen nicht Bestimmungen der Erklärung heranziehen, um damit Menschenrechte zu verletzen.

Ergänzt wird die AEMR durch zwei Menschenrechtspakte, die 1966 verabschiedet wurden.

Zum einen den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt). Der Sozialpakt enthält Rechte wie das Recht auf Arbeit und das Streikrecht, das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und das Recht auf Bildung.

Zum anderen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt). Der Zivilpakt enthält unter anderem das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, den Schutz vor staatlicher Willkür und Folter und Meinungsäußerungsfreiheit.

Beide Pakte haben eigene Kontrollgremien, denen unterzeichnende Staaten regelmäßig berichten müssen, wie sie den Pakt umsetzen.

Was sind die wichtigsten Menschenrechte?

Die AEMR umfasst eine Vielzahl von Rechten. Über die meisten davon machen wir uns in unserem täglichen Leben vermutlich keine allzu großen Gedanken. Trotzdem haben sie Auswirkungen auf die Art und Weise, wie unsere Gesellschaft funktioniert.

Anti-Diskriminierung

Artikel 2 und 7 der AEMR befassen sich mit Anti-Diskriminierung. Die Artikel besagen zum einen, dass jede Person, ganz unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion oder Weltanschauung einen Anspruch darauf hat, die Rechte und Freiheiten, die in der Erklärung beschrieben werden, zu genießen. Artikel 7 soll die Gleichheit vor dem Gesetz garantieren und, dass jeder Mensch Anspruch auf den Schutz vor Diskriminierung hat.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Artikel 19 beschreibt das Recht auf freie Meinungsäußerung. Damit einher geht auch das Recht, über Medien Informationen zu erhalten und zu verbreiten. Dieses Recht ist ein Grundpfeiler des demokratischen Prozesses. Es ist nur dann gewährleistet, wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung mitteilen können, auch wenn sie regierungskritisch ist, ohne dass sie dafür negative Konsequenzen befürchten müssen.

Versammlungsfreiheit

Die Versammlungsfreiheit (Artikel 20 AEMR) besagt, dass sich Menschen friedlich versammeln dürfen. Damit ist zum Beispiel gemeint, dass sich Menschen treffen dürfen, um gemeinsam ihre Meinung zu äußern oder um sich zu informieren. Also zum Beispiel bei einer Demonstration. Versammlungen sind ein wichtiger Teil der öffentlichen Debattenkultur und geben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihren Unmut über ein Regierungsvorhaben zu äußern oder ihre Wünsche und Volksvertreter zu kommunizieren.

Zur Versammlungsfreiheit gehört auch, dass Menschen das Recht darauf haben, sich zu Vereinigungen zusammenzuschließen. Also zum Beispiel zu einer Gewerkschaft oder einer Partei. Dieser Zusammenschluss soll freiwillig sein und niemand darf dazu gezwungen werden Mitglied einer Vereinigung zu werden.

Welche Menschenrechte gibt es in Deutschland?

In Deutschland finden sich in Artikel 1 bis 20 des Grundgesetzes viele von den Rechten wieder, die auch in der AEMR festgeschrieben sind. Dazu gehören die Gleichheit vor dem Gesetz, das Versammlungsrecht und die Freizügigkeit. Durch die Ewigkeitsklausel ist garantiert, dass diese nicht verändert werden können.

Menschenrechte, wie das Recht auf vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub finden sich zwar nicht in den ersten zwanzig Artikeln des Grundgesetzes, das heißt aber nicht, dass es sie in Deutschland nicht gibt. Letzteres wird etwa durch das Bundesurlaubsgesetz geregelt.

In Deutschland setzt sich das Deutsche Institut für Menschenrechte als unabhängige, nationale Menschenrechtsinstitution dafür ein, dass Deutschland Menschenrechte im In- und Ausland einhält.

Warum und wo werden Menschenrechte verletzt? Was kann dagegen getan werden?

Noch immer werden weltweit Menschenrechte verletzt - jeden Tag. Die Mehrzahl an Verletzungen findet in autoritären Regimen statt. Im Iran gibt es zum Beispiel aktuell große und mutige Proteste gegen die Regierung. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, Andersdenkende werden hingerichtet und ethnische, religiöse und politische Minderheiten werden diskriminiert. Frauen sind in fast allen Bereichen stark benachteiligt.

In China werden Mitglieder der muslimischen Minderheit der Uiguren in Internierungslagern gefangen gehalten, ohne dass sie in fairen Verfahren zu Haftstrafen verurteilt wurden. Die chinesischen Behörden versuchen so religiöse Traditionen und kulturelle Praktiken zu eliminieren. Kritik an der Regierung wird zensiert und die politische Opposition verfolgt.

Aber auch in demokratischen Rechtsstaaten und westlichen Industrienationen ist man nicht vollständig vor Übergriffen geschützt. In der Europäischen Union kommt es immer wieder zu Diskriminierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen, etwa als Racial Profiling durch die Polizei, oder fehlende Gleichberechtigung von Frauen und Personen der LGBTQI+-Community.

Meist wird dabei von einem Staat nicht nur ein einzelnes Menschenrecht missachtet, sondern mehrere Verletzungen kommen zusammen.

International gibt es nur bedingt Möglichkeiten Regierungen zu einem menschenrechtskonformen Handeln zu zwingen. Meistens wird deshalb auf das Instrument des “Naming and Shaming” zurückgegriffen. Regierungen kritisieren Verstöße gegen Menschenrechte öffentlich, zum einen um so mehr Menschen auf die Verstöße aufmerksam zu machen und zum anderen, um durch die größere Aufmerksamkeit Druck auf die entsprechende Regierung auszuüben, ihr Handeln zu ändern. Diplomatie bietet daneben einen zweiten Weg durch Gespräche ein einlenken zu erwirken. In extremeren Situation können Staaten außerdem Sanktionen erlassen. Diese sind meistens dann wirksam, wenn sich mehrere Staaten zusammentun und gemeinsam reagieren.

Auch verschiedene nichtstaatliche Organisationen, wie Amnesty International, Human Rights Watch oder Civil Liberties Union for Europe haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschenrechtsverletzungen in die Öffentlichkeit zu bringen. Sie setzen sich außerdem dafür ein, dass Menschen- und Grundrechte besser geschützt werden und führen Gespräche mit Regierungsvertretern, um zu erwirken, dass sie sich ihren Verantwortungen nicht entziehen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte: Was muss man über ihn wissen?

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde 1959 in Straßburg von Mitgliedstaaten des Europarates gegründet. Er soll dazu beitragen, dass die Europäische Menschenrechtskonvention eingehalten wird. Jedes Mitgliedsland des Europarates entsendet einen Richter oder eine Richterin.

Sowohl Einzelpersonen als auch Personengruppen und Staaten können den Gerichtshof anrufen, wenn sie Rechte, die durch die Menschenrechtskonvention anerkannt sind, verletzt sehen. Allerdings können sie dies nur, wenn vorher alle juristischen Wege innerhalb des eigenen Landes erschöpft wurden. In Deutschland muss man also zum Beispiel bereits ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verloren haben, um sich dann an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden zu können. Die Urteile des Gerichtshofes sind dann rechtlich bindend, sie müssen also umgesetzt werden.

Doch der EGMR hat auch mit Problemen zu kämpfen. Seit Jahren sieht er sich mit einer extrem hohen Zahl an eingehenden Beschwerden konfrontiert (Ende 2020 waren es 60.000). Zwar konnte durch eine Reihe von Reformmaßnahmen die Arbeitslast des Gerichtes etwas verbessert werden, doch warten viele Betroffene auch heute noch sehr lange auf ihr Verfahren.

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Photokredit: Angelo Abear/Unsplash.com

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