Technologie & Rechte

Keine EU-Förderung mehr für autoritäre Regierungen in Europa?

Letzte Woche legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für einen neuen Mechanismus vor, der es ihr ermöglichen würde, die Auszahlung von EU-Mitteln zu stoppen, wenn Regierungen die Unabhängigkeit ihrer Justizsysteme angreifen. Das ist ein Sieg für

by LibertiesEU

Der Gedanke, dass der Zugang zu EU-Mitteln von der Achtung der Rechtsstaatlichkeit abhängig gemacht werden sollte, wurde im vergangenen Jahr von einigen Regierungen und einigen Kommissionsmitgliedern geäußert. Man spricht dabei von "rechtsstaatlicher Konditionalität". Aber der Vorschlag wurde aufgegeben, weil niemandem wirklich etwas einfiel, wie er in die Praxis umzusetzen wäre.

Einige Experten hatten vorgeschlagen, die EU solle ein neues System schaffen, das es ihr ermöglichen würde, alle Regierungen regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob sie den europäischen Standards in Bezug auf Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit genügen. Die Idee war, dass Regierungen, bei denen es gut läuft, mit zusätzlichen Geldern belohnt werden könnten, während Regierungen, die sich besonders schwertun, mit einer Kürzung der EU-Mittel bestraft werden könnten. Liberties unterstützt diese Idee. Sie ist durchaus vergleichbar mit einem früheren Vorschlag von uns. Aber wir wissen auch, dass es zu viel politischen Widerstand gegen die Schaffung eines schicken neuen Systems zur Überwachung der EU-Regierungen gibt. Und das bedeutet leider, dass diese ideale Lösung wohl nicht realisierbar ist.

Manchmal muss man in kleinen Schritten arbeiten, wenn man Fortschritte machen will. Und das gilt leider besonders für die EU. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass die EU die Mittel für Regierungen, die gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen, kürzen können sollte, ohne ein völlig neues Überwachungssystem aufbauen zu müssen. Die Idee von Liberties war folgende: Das geltende EU-Recht verpflichtet die Regierungen bereits, auf nationaler Ebene Einrichtungen zu schaffen, die überprüfen, ob die gewährten EU-Mittel rechtmäßig verwandt werden. Genau genommen beinhaltet das bereits die Verpflichtung, dass den Regierungen unabhängige Gerichte gegenüberstehen, die als letzte Instanz alles kontrollieren, was vor sich geht. Die EU muss diese Forderung nur noch deutlicher als bisher formulieren. Wir haben unsere Ideen in diesem Strategiepapier ausführlich dargelegt.

Wir bei Liberties sind stolz darauf, dass die Kommission mit ihrem Vorschlag für einen neuen Mechanismus genau das getan hat. Wir gehen davon aus, dass unser pragmatischer Ansatz der Kommission eine praktikable Möglichkeit an die Hand gegeben hat, die Rechtsstaatlichkeit an Bedingungen zu knüpfen, ohne große Änderungen vornehmen zu müssen, die die meisten Regierungen ablehnen würden.

Die Kommission hat gesagt, sie könne EU-Mittel einbehalten, wenn Regierungen die Unabhängigkeit von Richtern angreifen, oder von anderen Personen, deren Aufgabe es ist, die ordnungsgemäße Verwendung von EU-Geldern zu überprüfen, wie Staatsanwälte und Betrugsermittler. Denn wenn diese Kontrollen nicht richtig funktionieren, dann können korrupte Regierungen ihre Taschen zu leicht mit Geld füllen, das eigentlich den einfachen Bürgern helfen sollte. Genau dafür gibt es in Ungarn viele Beweise.

Dieser Mechanismus könnte ein wirklich wirksames Mittel werden, um autoritäre Regierungen davon abzuhalten, unsere Freiheiten zu zerstören. Warum? Zufälligerweise sind gerade die EU-Mittel für Ungarn und Polen, wo die Situation am schlimmsten ist, ziemlich hoch. Der Beitrag der EU-Mittel zum ungarischen BIP wurde in den letzten Jahren auf 3-7% geschätzt. Und Polen erhält den größten Anteil der EU-Mittel: 86 Mrd. von insgesamt 450 Mrd. EUR für die gesamte EU. Das nächste Mal, wenn autoritäre Regierungen die Grundrechte und Freiheiten abwürgen wollen, werden sie es sich hoffentlich zweimal überlegen.

Es gibt eventuell noch ein Hindernis: Der Vorschlag der Kommission könnte es nicht durch den Rat der EU schaffen. Der Mechanismus kann nur geschaffen werden, wenn ihm alle EU-Regierungen zustimmen. Das bedeutet nicht unbedingt, dass er bereits gestorben ist. Überleg mal: dass EU-Geld ist unser Geld - es kommt hauptsächlich von unseren Steuergeldern. Und im Verhältnis zahlen reichere EU-Länder mehr Geld ein, als sie zurückbekommen, während weniger entwickelte EU-Länder mehr erhalten, als sie in den Topf werfen. Das bedeutet, dass es wohlhabendere EU-Länder sind, die rechtsstaatliche Konditionalität unterstützen - weil sie ihren eigenen Bürgern zeigen wollen, dass ihre Steuern keine autoritären Regime durchfüttern.

Obwohl einige Regierungen die Idee wirklich nicht mögen – jetzt rate mal welche - könnten sie sich verpflichtet fühlen, ihr zuzustimmen. Denn die Zustimmung aller Länder ist auch notwendig, um neue EU-Förderprogramme zu genehmigen. Wenn also Ungarn und Polen die Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit nicht akzeptieren, könnten andere wohlhabendere Länder sich einfach weigern, den Haushalt zu unterzeichnen, der ihnen EU-Mittel zur Verfügung stellen würde.

Ähnliches haben wir bereits in den Abkommen zwischen Norwegen, Ungarn und Polen erlebt. Norwegen spendet Geld an Ungarn, Polen und andere neuere EU-Mitglieder. Das ist ein Teil des Preises, den das Land als Nichtmitglied für den Zugang zur EU-Zollunion zahlt. Als Teil dieses Fondspakets sieht Norwegen einen Prozentsatz vor, der für Bürgerrechts- und Demokratiegruppen bestimmt ist. Kürzlich haben Ungarn und Polen versucht, die Kontrolle über diesen Fonds zu übernehmen, damit sie die Finanzierung von Bürgerrechtsgruppen, die die Regierung kritisieren, sabotieren können. Aber am Ende haben sie aufgegeben als Norwegen gesagt hatte, es werde überhaupt keine Mittel geben, wenn nicht weiterhin Geld an diese Organisationen ausgezahlt werden könne.

Angesichts der Bedeutung der externen Finanzierung für diese Regierungen könnte die Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit tatsächlich ein wirksames Instrument zum Schutz der bürgerlichen Freiheiten sein.

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