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EGMR: Rechtswidrige psychiatrische Inhaftierung in Polen

Entgegen den Empfehlungen zahlreicher Experten, wurde in Polen ein Mann, der zu Hause versorgt werden konnte und wollte, in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.

by Polish Helsinki Foundation for Human Rights
(source: pixabay.com)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat die einseitige Erklärung der polnischen Regierung akzeptiert, dass die Behandlung eines psychiatrischen Patienten, der in Gerichtsdokumenten als Łukasz bezeichnet wird, rechtswidrig war.

Die Regierung hat sich bereit erklärt, Schadenersatz an Łukasz zu zahlen, woraufhin der EGMR den Fall geschlossen hat.

Stellungnahmen von Experten

Vor vier Jahren wurde Łukasz wegen einer Straftat angezeigt. Das Gericht hat in erster Instanz vorsorglich angeordnet, dass seine Untersuchungshaft in einer psychiatrischen Klinik statfindet. Im August 2014 entschied das Gericht, Łukasz sei wegen geistiger Unzurechnungsfähigkeit nicht schuldig.

Zwei Monate später erstellten zwei Psychiater und ein Psychologe ein Gutachten über den Mann, in dem sie feststellten, dass sich seine psychische Gesundheit verbessert habe. Die Experten gaben außerdem an, es sei nicht zu erwarten, dass Łukasz in Zukunft kriminelle Handlungen begehe. Schließlich empfahlen sie, Łukasz in die ambulante Pflege aufzunehmen, anstatt ihn weiterhin als psychiatrischen Patienten zu führen.

Die engste Familie des Mannes, die im Dezember 2014 von einem Landgericht angehört wurde, erklärte sich bereit, Łukasz nach seiner Freilassung zu betreuen und ihm bei der weiteren Behandlung zu helfen.

Das Gericht entschied jedoch, eine zusätzliche Stellungnahme eines weiteren Gremiums aus zwei Psychiatern und einem Psychologen einzuholen, die im März 2015 abgegeben wurde. Auch diese neue Stellungnahme bestätigte die bisherige Diagnose, dass Łukasz’' Schizophrenie in Remission ist.

Darüber hinaus stellten die Sachverständigen fest, dass die Unterstützung durch die Familie des Antragstellers während seiner Behandlung einen positiven Effekt auf den Antragsteller haben, und das Risiko, dass er künftig ähnliche Straftaten begeht, verringern könnte.

Einen Monat später gaben die Ärzte der psychiatrischen Klinik, in der Łukasz sich aufhielt, eine weitere positive Stellungnahme zu dem Patienten ab und betonten, dass er voll und ganz mit dem medizinischen Personal kooperiere.

Ein verblüffendes Urteil des Gerichts

Ungeachtet dieser Gutachten hat das Landgericht nach einer erneuten Anhörung der Familie die Entlassung von Łukasz’s aus der psychiatrischen Klinik nicht genehmigt.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Familienangehörige ebenfalls psychiatrisch behandelt worden seien, was nach Ansicht des Gerichts dazu führe, dass sie nicht in der Lage seien, den Antragsteller umfassend zu betreuen.

Łukasz legte gegen diese Entscheidung Berufung ein, doch das Berufungsgericht wies seinen Antrag ab und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Zu diesem Zeitpunkt entschied Łukasz, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage zu erheben.

Regierung gesteht Fehlverhalten ein

Bevor der Fall in die Urteilsphase eintrat, akzeptierte der EGMR eine einseitige Erklärung der polnischen Regierung, in der die Behörden anerkennen, dass der Fall Łukasz’s von Oktober 2014 bis zu seiner Entlassung aus dem Krankenhaus im Dezember 2015 einen rechtswidrigen Freiheitsentzug zur Folge hatte. Polen hat sich bereit erklärt, dem Antragsteller den Betrag von 25.000 PLN (6.000 EUR) zu zahlen.

Das Liberties Mitglied the Helsinki Foundation for Human Rights hat den Antragsteller in dem Verfahren vor dem EGMR vertreten.
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