Technologie & Rechte

„Earmarking“: „Kennzeichnung" als neues Synonym für Online-Zensur?

Die Copyright Guidance hat eine umstrittene neue Regelung eingeführt, die keine angemessenen Schutzmaßnahmen vorsieht und deshalb höchst problematisch ist. Wir erklären die Hintergründe.

by Eva Simon

Der 7. Juni 2021 war der Stichtag für die Umsetzung der Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt.

Wie du dich vielleicht erinnerst, löste Artikel 17 (Artikel 13 in der früheren Nummerierung) einen gewaltigen öffentlichen Aufschrei aus. Zehntausende Europäerinnen und Europäer protestierten offline und online gegen das Gesetz und forderten das Europäische Parlament auf, sich für die Rechte der Nutzerinnen, die Redefreiheit und die Privatsphäre einzusetzen. Wir haben die Verantwortlichen in der EU gebeten, von der Einführung einer verpflichtenden Anwendung von Upload-Filtern abzusehen, um zu verhindern, dass vermeintlich rechtswidrige Inhalte ohne Schutzmaßnahmen blockiert werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass du sogar zu denjenigen gehört hast, die den offenen Brief von Liberties unterschrieben haben, um gemeinsam mit uns Memes und Online-Gaming-Videos zu retten. Mit deiner Unterstützung haben wir mit der endgültigen Version von Artikel 17 teilweise erreicht, wofür wir gekämpft haben.

Am 4. Juni 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission die lang erwarteten Leitlinien, die den Mitgliedsstaaten eine Orientierung geben sollten, wie eine Umsetzung von Artikel 17 gewährleistet werden kann, die die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer respektiert. Der Leitfaden sollte das Spannungsverhältnis zwischen zwei widerstrebenden Anforderungen lösen: einerseits das Hochladen rechtsverletzender Inhalte nicht zuzulassen und andererseits zu verhindern, dass legale Inhalte blockiert werden. Der Leitfaden hat deutlich herausgestellt, dass der Einsatz von Filtertechnologien auf offenkundig illegale Inhalte beschränkt werden muss. Obwohl der Leitfaden die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zur Gewährleistung der Rechte der Nutzerinnen festlegte, führte er mit dem sogenannten „earmarking“ auch ein massives Schlupfloch in das System ein, indem er den Inhabern von Urheberrechten die Möglichkeit eröffnete, ihre Inhalte als wirtschaftlich wertvoll zu "kennzeichnen".

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Diese "earmarking"-Regelung war in der Urheberrechtsverordnung bisher unbekannt. Sie eröffnet Rechteinhabern die Möglichkeit, von Plattformen zu verlangen, ihre gekennzeichneten Inhalte besonders zu behandeln. Sie zwingt die Plattformen dazu, eine Art allgemeine Überwachungspflicht wieder einzuführen, die vom Europäischen Parlament in der Debatte um die Richtlinie längst zurückgedrängt wurde. Dieses neue Regime hat auch negative Auswirkungen auf die Redefreiheit der Nutzerinnen und Nutzer. Plattformen haben einen Anreiz, die Veröffentlichung von gekennzeichneten Inhalten einzuschränken, um eine Haftung für Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden.

Die letzte Herausforderung steht noch bevor: Polen bittet den Gerichtshof der Europäischen Union zu entscheiden, ob die Filteranforderungen des Artikels 17 mit der Charta der Grundrechte vereinbar sind. Die Schlussanträge des Generalanwalts Øe sind für den 15. Juli 2021 vorgesehen.

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