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Bulgarisches Anti-Terror-Gesetz: Unbegrenzte Möglichkeiten für Willkür

Das kürzlich vorgeschlagene Gesetz ermächtigt die bulgarischen Behörden, vollkommen willkürlich die Grundrechte der Bürger einzuschränken.

by Bulgarian Helsinki Committee
(Image: George Chelebiev)

Der Entwurf des Anti-Terror-Gesetzes wurde der Nationalversammlung der Republik Bulgarien durch den Ministerrat vorgelegt und kam am 28. Juli durch die erste Lesung, kommt das Gesetz auch durch die zweite Lesung, fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten, bevor es in Kraft tritt.

Das Gesetz würde es den bulgarischen Behörden ermöglichen, vollkommen willkürlich die Grundrechte der Bürger einzuschränken und zwar auch, wenn keine terroristische Tat begangen, versucht oder vorbereitet wurde.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen enthalten gravierende Eingriffe in die persönliche Freiheit und die Privatsphäre von Individuen, unter anderem Bewegungs- und Kontaktverbote, auch wenn kein Verdacht für terroristische Aktivitäten vorliegt.

Fehlende Rechtsgarantien

Der Gesetzentwurf nennt weder das Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch der Erforderlichkeit als Voraussetzung für die Verhängung der vorbeugenden Maßnahmen, die vom Präsidenten des Amtes für nationale Sicherheit (SANS) oder dem Innenminister ohne richterliche Verfügung und ohne jede Form von Verfahrensgarantien zum Schutz der Betroffenen, verhängt werden können.

Es gibt keine Garantie einer richterlichen Anhörung für Betroffene von Verfahren im Rahmen des Gesetzes, genauso wenig ist die Möglichkeit vorgesehen, Beweise zu Gunsten der Beschuldigten zu präsentieren. Die Entscheidung, die Grundrechte zu beschränken, wird nicht von einem unabhängigen Gericht getroffen, sondern von der ausführenden Behörde selbst.

Der ordentliche Rechtsweg vor diesem Gericht in Sofia oder anderen im ganzen Land wäre nach dem neuen Anti-Terror-Gesetz versperrt. (Bild: Klearchos Kapoutsis)

Die Möglichkeiten für Willkür sind unbegrenzt. Der maximale Zeitraum, für den die Maßnahmen verhängt werden könnten ist erheblich, bis zu sechs Monate, mit der Möglichkeit einer Verlängerung auf bis zu neun Monate.

Falsch informierte Öffentlichkeit

Der Innenminister wird die Befugnis erhalten, Anti-Terror-Operationen anzuordnen und zu bestimmen wo und wie diese durchgeführt werden, was wiederum Beschränkungen der Grundrechte aller Menschen in der Umgebung, einschließlich der Eigentumsrechte, des Schutzes der Privatsphäre und der Wohnung nach sich zieht.

Polizeibeamte werden die Bewegungsfreiheit einschränken können, den Internetzugang sperren, Dokumente beschlagnahmen und die technische Kommunikationsausrüstung von jedem, der verdächtigt wird einen terroristischen Akt vorzubereiten, zerstören können. Es gibt keine Garantien gegen den Missbrauch des Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre und die Behörden prüfen selbst, ob ihre Maßnahmen notwendig sind.Gemäß dem Gesetzentwurf werden die bulgarischen Medien verpflichtet Nachrichten, die ihnen von der Regierung diktiert werden, zu verbreiten. (Bild: Veni)

Es besteht die Gefahr einer schweren Verletzung des Rechts, Informationen frei zu erhalten und zu verbreiten. Medien sind verpflichtet, ihnen von den Behörden diktierte Informationen unmittelbar und unverändert zu übertragen. Auf diese Weise können Behörden die Öffentlichkeit auf unbestimmte Zeit über das, was sie tun und was wirklich passiert fehlinformieren.

Notstand

Die Ausrufung des Ausnahmezustands wird per Dekret des Parlaments oder des Präsidenten möglich werden. Nach dem Völkerrecht ist die Einschränkung der Grundrechte nur bei Notsituationen zulässig, die "das Leben der Nation gefährden" (Artikel 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 4 der Internationalen Konvention über bürgerliche und politische Rechte).

Under the draft law, there is no time limit for how long the government can extend a state of emergency. (Image: George Chelebiev) Gemäß dem Gesetzentwurf gibt es keine Frist, wie lange die Regierung den Ausnahmezustand verlängern kann. (Bild: George Chelebiev)

Das Gesetz besagt, dass auch ohne solche Voraussetzungen der Ausnahmezustand ausgerufen werden kann, anscheinend um die Ermittlungen bei terroristischen Handlungen zu erleichtern und nicht wegen einer anhaltenden Bedrohung der Nation. Auch gibt es für den Ausnahmezustand keine zeitliche Begrenzung, die Möglichkeit, Grundrechte unnötig einzuschränken bleibt im Ermessen der Regierung.

Dieser Artikel ist Teil eines offenen Briefes, geschrieben von Margarita Ilieva, Rechtsanwältin und Leiterin des Rechtsprogramms des bulgarischen Helsinki-Komitees.
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