Demokratie & Gerechtigkeit

14 Grundprinzipien der Demokratie

Was macht eine Demokratie zu einer Demokratie? Im Folgenden stellen wir die 14 Grundprinzipien vor, die eine demokratische Gesellschaft definieren und am Leben erhalten.

by Jonathan Day

Wenn dich eine Freundin oder ein Freund bitten würde, Demokratie zu definieren, würdest du wahrscheinlich von Wahlen sprechen, bei denen das Volk diejenigen wählt, die es an der Regierung haben möchte. Und das wäre tatsächlich eine sehr gute Antwort. Aber wenn dein Gegenüber etwas neugieriger ist, könnte die Frage folgen, ob es Grenzen gibt, ob etwas vorhanden sein muss, damit wir von einer Demokratie sprechen können und ohne das ein politisches System etwas ganz anderes wäre.

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Tatsächlich gibt es bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Demokratie eine Demokratie ist. Das reicht von freien und fairen Wahlen über Menschenrechte bis hin zu Grundwerten wie Gleichheit und Rechenschaftspflicht - im Folgenden findest du 14 Dinge, die vorhanden sein müssen, damit wir von einer starken und stabilen Demokratie sprechen können.


Was sind die 14 Grundprinzipien der Demokratie?

1. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger

Per Definition gibt die Demokratie den Menschen ein Mitspracherecht wenn es darum geht, über den Kurs ihrer Regierung und über ihre Zukunft zu bestimmen. In direkten Demokratien kann das bedeuten, dass die Bürgerinnen und Bürger direkt über die Gesetze abstimmen, unter denen sie leben wollen. In der repräsentativen Demokratie bedeutet es, dass sie wählen können, wer sie vertritt, und dass sie ihre Meinungen und Wünsche frei äußern können. In jedem Fall ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger das Fundament, das die Demokratie stark macht.

Partizipation ist mehr als nur die Stimmabgabe am Wahltag, auch wenn das sicherlich die herausragendste Form ist. Genauso wichtig sind öffentliche Debatten, Bürgerversammlungen und friedliche Proteste, um nur einige zu nennen. Alle diese Formen der Beteiligung tragen dazu bei, dass die Menschen ausreichend informiert sind, wenn es an der Zeit ist, einen Stimmzettel abzugeben. Bürgerinitiativen und die Zivilgesellschaft tragen dazu bei, dass die Menschen dazu die Möglichkeit haben und sie müssen unterstützt werden, um eine größtmögliche Beteiligung zu gewährleisten.

2. Gleichheit

Es ist nicht nur wichtig, sondern notwendig, dass alle Menschen in einer Demokratie gleich behandelt werden. Das bedeutet, dass sie nicht aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Es bedeutet auch, dass alle Menschen den gleichen Zugang zur freien Ausübung ihrer Rechte haben - zum Beispiel den gleichen Zugang zur Wahlkabine. Und wenn es Zeit ist zu wählen, bedeutet das, dass jede Stimme gleich viel zählt - deine Stimme ist genauso wertvoll und zählt genauso viel wie die der reichsten oder mächtigsten Person in deinem Land. Das ist das wichtigste Element der Gleichheit in einer Demokratie.

3. Rechenschaftspflicht

Die Menschen vertrauen denjenigen, die sie wählen, Befugnisse an, und die so gewählten haben die Aufgabe, diese Befugnisse zum Wohle ihrer Gemeinschaft einzusetzen. Politiker/innen sind dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig, müssen nach dessen Willen handeln und haben die Pflicht, ihre Macht nicht zu missbrauchen, um sich und ihre Freunde zu bereichern. Wenn autoritäre Regierungen die Kontrolle über die Zeitungen und Nachrichtensender übernehmen, wenn sie zivilgesellschaftliche Gruppen behindern und schikanieren, wird es nur allzu leicht, Korruption und Machtmissbrauch vor der Öffentlichkeit zu verbergen, und das macht es den Menschen schwerer, die Regierung am Wahltag zur Rechenschaft zu ziehen.

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4. Transparenz

Um an der Wahlurne eine fundierte Entscheidung treffen zu können, müssen die Wählerinnen und Wähler wissen, was Sache ist. Sie müssen wissen, ob ihre Regierung gute Entscheidungen trifft oder ob ihre Politik nicht funktioniert, ob sie sich an die Regeln hält oder öffentliche Gelder veruntreut. Transparenz bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger über das Handeln der Regierung Bescheid wissen, ebenso wie über die Ergebnisse und Folgen. Informationen der Regierung sollten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, der Öffentlichkeit auf Anfrage zur Verfügung stehen, Journalisten und Bürger sollten ihren Politikern Fragen stellen können, und Gruppen, die sich für Transparenz einsetzen, sollten frei agieren können.

5. Politische Toleranz

Auch wenn Demokratie letztlich auf die Herrschaft der Mehrheit hinausläuft, weil sie quasi ihr Kern ist, bedeutet das nicht, dass die Minderheit vergessen wird. In einer echten Demokratie sind die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger gleich und müssen unabhängig davon, wer an der Macht ist, respektiert werden. Und auch wenn sich ihre Ansichten am Wahltag nicht durchgesetzt haben, haben sie immer noch das Recht, diese Ansichten gegenüber anderen Bürgern und der Regierung zu vertreten. Und das ist gesund, wenn nicht sogar notwendig. Die Demokratie lebt von der Offenheit und dem Reichtum des Denkens; wenn die Rechte und Freiheiten der Minderheit unterdrückt werden, schränkt sich die Mehrheit selbst ein.


6. Mehrparteiensystem

Die Bürgerinnen und Bürger müssen am Wahltag eine echte Auswahl haben. Das bedeutet, dass mehr als eine politische Partei frei an einem Wahlkampf teilnehmen und für die Menschen eine Option sein kann. Und wenn die Oppositionsparteien gewinnen, kommt es zu einem Machtwechsel und einer neuen öffentlichen Debatte darüber, wie das Land weitergeführt werden soll. Wenn es nur eine einzige Partei gibt, handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Diktatur, obwohl einige Länder es geschafft haben, demokratische Systeme unter der Herrschaft einer einzigen Partei zu entwickeln.

7. Kontrolle über den Machtmissbrauch

Die Demokratie kann nur überleben, wenn sich alle daran beteiligen - die Bürgerinnen und Bürger durch ihre Zustimmung am Wahltag und zu allen anderen Zeiten des Jahres, und die Politikerinnen und Politiker, indem sie sich an die Regeln halten und daran arbeiten, das Leben aller zu verbessern. Machtmissbrauch tritt auf, wenn eine Regierung beschließt, über dem Gesetz zu stehen, wenn Politiker glauben, dass für sie andere Regeln gelten, wenn die Hebel des Staates so bewegt werden, dass nur ein bestimmter Teil der Gesellschaft auf Kosten anderer begünstigt wird, oder wenn öffentliche Gelder auf die Konten korrupter Politiker und ihrer Freunde fließen. Wir sehen das oft in den "Demokratien" der Welt und zunehmend auch in Europa.

Es gibt Möglichkeiten, die Demokratie vor solchem Missbrauch zu schützen, aber es gibt keine Möglichkeit, sie vollständig zu schützen. Die Verteilung der Befugnisse auf verschiedene Regierungszweige hilft zum Beispiel dabei, sie alle zur Rechenschaft ziehen zu können. Der Schutz von freien und fairen Wahlen ist ebenfalls wichtig. Dazu gehört der Schutz unabhängiger Medien, damit die Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld der Wahl gut informiert werden, und der Schutz der Wahlgesetze, um einen fairen Ablauf zu gewährleisten.

8. Freiheit der Wirtschaft

In einer Demokratie sollten die Menschen selbst entscheiden können, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Solange sie sich an die Regeln halten, ist es nicht Sache der Regierung, ihnen vorzuschreiben, was sie studieren, welchen Beruf sie ergreifen oder was sie anbauen müssen. Wirtschaftliche Freiheit ist wichtig, um starke Gemeinschaften und starke Volkswirtschaften zu entwickeln.

9. Bill of Rights

Eine weitere Möglichkeit, die Menschen vor Machtmissbrauch durch die Regierung zu schützen, ist eine sogenannte Grundrechtecharta (Bill of Rights). Dabei handelt es sich um eine Liste von Rechten und Freiheiten, die den Menschen zustehen, wie z.B. die Rede- und Versammlungsfreiheit. Als Gesetz ist das Dokument ein Teil des geltenden Rechts, und viele Länder haben es in ihrer Verfassung verankert. Wenn also jemand der Meinung ist, dass seine Regierung seine Rechte verletzt, kann sie oder er sich an die Gerichte wenden und um Hilfe bitten.

10. Menschenrechte

Viele der Rechte, die durch eine Grundrechtecharta geschützt werden, sind so genannte Menschenrechte. Das sind Rechte, die Menschen unabhängig von dem Land, in dem sie leben, zustehen, aber gerade die Demokratie soll diese Rechte schützen und fördern. Menschenrechte wie Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Versammlungsfreiheit sind ebenfalls Eckpfeiler der Demokratie und ermöglichen ihr reibungsloses Funktionieren.


11. Freie und faire Wahlen

Wandel sollte als ein natürliches und gesundes Merkmal der Demokratie angesehen werden. Da die Regierung dazu da ist, dem Volk zu dienen, und sich die öffentliche Meinung zu allen möglichen Themen ständig ändert, ist es nur natürlich, dass Wahlen zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Ergebnisse bringen. Deshalb ist es wichtig, dass diese Wahlen frei und fair ablaufen. Das bedeutet, dass die Menschen vor der Stimmabgabe gut und genau informiert werden und dass sie frei darüber diskutieren können. Es bedeutet auch, dass die Menschen am Wahltag gleichberechtigten Zugang zu den Wahllokalen haben müssen, dass die Stimme jedes Einzelnen den gleichen Wert hat und dass alle Stimmen gezählt werden. Außerdem sollten Wahlen nicht unregelmäßig stattfinden oder einberufen werden, wann immer es der Regierung passt.

12. Freie Gerichte

Selbst in einer perfekt funktionierenden Demokratie kommt es immer wieder zu Streitigkeiten. In solchen Situationen ist es wichtig, dass beide Seiten gleichermaßen Zugang zu einer unabhängigen Instanz haben, die den Streit schlichten kann. In Demokratien ist das die Justiz. Richterinnen und Richter sind ein bisschen wie Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter - sie sind eine unabhängige Instanz, die die Regeln für alle gleich anwenden soll. Ein Fußballspiel wäre eine Farce, wenn der Schiedsrichter von einer der beiden Mannschaften ausgesucht würde, und die Demokratie ist ähnlich chaotisch, wenn die Regierung die Gerichte mit ihren Freunden überfrachtet oder Gerichtsentscheidungen missachtet.

13. Akzeptieren von Wahlergebnissen

Wenn die Wahlen nicht so ausgehen, wie es die Machthaber wollen, müssen sie das Ergebnis akzeptieren und zurücktreten. Die friedliche Übertragung der Macht ist ein Merkmal des demokratischen Prozesses. Die Verlierer von Wahlen müssen ihre Niederlage akzeptieren. Sie können und sollten zwar weiterhin offen ihre Ideen vertreten und sich an der öffentlichen Debatte beteiligen, aber sie müssen akzeptieren, dass ihre Positionen derzeit nicht mehrheitsfähig sind.

14. Rechtsstaatlichkeit

Demokratische Gesellschaften funktionieren nach dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Das bedeutet im Wesentlichen, dass die Gesetze eines Landes für alle Menschen gleichermaßen gelten und dass sich jeder, insbesondere die Regierung, an die Regeln halten muss. Es bedeutet, dass die oben beschriebenen Rechte und Freiheiten und demokratischen Prozesse respektiert und gefördert werden. Und es bedeutet auch, dass die Gesetze fair und konsequent durchgesetzt werden und dass es eine unabhängige Instanz wie die Gerichte gibt, die auftretende Streitigkeiten schlichten kann. Liberties hat vor kurzem seinen Schattenbericht an die EU über die aktuelle Situation der Rechtsstaatlichkeit in der Union veröffentlicht und dabei eine Reihe besorgniserregender Trends in vielen Mitgliedsstaaten festgestellt.

Bildnachweis: Christopher Alvarenga/unsplash.com

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