EU-Beobachtung

Rumänien setzt EGMR Urteil gegen überfüllte Gefängnisse unzureichend um

Die rumänische Regierung hat weniger als die Hälfte ihrer Zusagen in Bezug auf die immer noch überfüllten Gefängnisse eingehalten. Lediglich in derUntersuchungshaft ist es ihr gelungen, die Bedingugen zu modernisieren und Überbelegung abzubauen.

by Dollores Benezic

In Rezmiveș and others v. Romania, einem wegweisenden Urteil über Überbelegung und schlechte Bedingungen in Gefängnissen, stellte der EGMR im April 2017 fest, dass Rumänien die Menschenrechte verletzt. Die rumänische Regierung hat darauf reagiert, indem sie im Januar 2018 dem Ministerkomitee des Europarates einen Plan übermittelte, wie diese Fragen angegangen werden sollen.

Der Plan erläutert, wie Rumänien zwischen 2018 und 2024 vor hat, 1.351 Haftplätze zu modernisieren und die Haftkapazität um 8.095 Plätze zu erweitern. Die Regierung verpflichtete sich auch, 1.596 neue Untersuchungshaftplätze zu schaffen und 187 zu modernisieren.

Die Umsetzung kommt in ihr zweites Jahr, und die Zahlen zeigen, dass die Regierung nicht viel getan hat. Sie schuf 70 neue Gefängnisräume, rüstete 282 auf und hat nichts in Bezug auf die beiden Gefängnisse getan, die sie zu bauen versprach. Mit anderen Worten, sie hat weniger als die Hälfte von dem getan, was sie zu diesem Zeitpunkt versprochen hatte. Allerdings gelang es ihr, 147 Untersuchungshaftplätze zu modernisieren.

Gleichzeitig blieb die Auslastung der Gefängnisse 2019 mit rund 111% konstant, obwohl von 2017 bis 2019 14.402 Häftlinge nach dem Compensatory Appeal Act freigelassen wurden. Die Belegungsrate in der Untersuchungshaft beträgt 55%.

Bedingungen in der Untersuchungshaft

Zwischen Februar und Juni 2019 besuchten die Vertreter von APADOR-CH zehn Untersuchungshaftanstalten und Gefängnisse in Giurgiu, Miercurea Ciuc, Galati, Craiova, Bukarest und Târgu Jiu.

Der Einsatz alternativer Methoden der Untersuchungshaft und Investitionen in die Rehabilitation von Untersuchungshaftanstalten in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass Überbelegung in diesen Einrichtungen der Vergangenheit angehört.

Während umfangreiche Investitionen in mehrere Einheiten getätigt wurden, bestehen nach wie vor viele Probleme, wie z.B. schlechte Hygiene, überfüllte Zellen, Zellen ohne Toiletten, in denen die Häftlinge nachts Eimer benutzen müssen und tagsüber vom guten Willen der Gefängnisbeamten abhängig sind. Auch der Mangel an natürlichem Licht und frischer Luft in einigen Kellerzellen ist ein Problem. An vielen Stellen ist zwar eine Klimaanlage installiert, allerdings funktioniert diese oft nicht und sie ist auch kein Ersatz für Frischluft. In den meisten Fällen gibt es keine spezielle medizinische Hilfe für Häftlinge mit besonderen Bedürfnissen und eine ausreichende medizinische Versorgung ist nicht immer gewährleistet. Darüber hinaus fehlt es immer noch an psychiatrischer und psychologischer Unterstützung, obwohl ein erheblicher Prozentsatz der Gefängnisbevölkerung mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Schließlich können Häftlinge in den meisten Untersuchungshaftanstalten nicht einkaufen, und Polizisten müssen das für sie erledigen, was sich negativ auf deren offiziellen Pflichten auswirkt.

Haftbedingungen in Gefängnissen

Im Gefängnissystem selbst herrscht trotz der erheblichen Zahl von Gefangenen, die in den letzten zwei Jahren freigelassen wurden, nach wie vor eine Überbelegung. Die Investitionen in die Modernisierung bestehender Anlagen oder den Bau weiterer Einrichtungen waren nicht bedeutend genug, um die Situation sichtbar zu verbessern.

Im Jahr 2019 wurden Maßnahmen ergriffen, um das tägliche Leben der Häftlinge zu verbessern, so wurde die Verpflegungspauschale von rund 74 Cent pro Tag und Häftling auf 1,48 Euro verdoppelt. Auch der Betrag für Toilettenartikel, die den Häftlingen zur Verfügung gestellt werden, wurde erhöht. Nach Angaben der Behörden kostete jeder Häftling den Staat etwa 107 Euro im Monat, zuzüglich des Betrags, der sich aus den Gehältern der Mitarbeiter ergibt.

Die Besuche, die wir Anfang 2019 durchgeführt haben zeigen, dass es abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie dem neuen und modernen Gebäude des Giurgiu-Gefängnisses, es noch immer zahlreiche Probleme gibt. Wir konnten feststellen, dass Versuche unternommen wurden, die bestehenden Räumlichkeiten zu sanieren; die Räume wurden aus ästhetischer Sicht verbessert, und die dritte Reihe der Stockbetten wurde entfernt, um die Räume weniger überfüllt erscheinen zu lassen.

Nach wie vor bestehen jedoch Probleme, darunter eine schlechte Hygiene in vielen Räumen und in den Einrichtungen zur Lagerung von Lebensmitteln. Häufig gab, bezogen auf die Anzahl von Häftlingen in einem Raum, zu wenig Toiletten oder die vorhandenen waren nicht funktionsfähig. Auch warmes Wasser ist nur nach einem Zeitplan verfügbar, und es gibt nicht genug davon für alle Gefangenen. Das medizinische Personal reicht nicht aus. Mit Ausnahme des Gefängnisses Galati, verfügte keine der Einrichtungen über ausreichend medizinisches Personal. In manchen, wie in Miercurea Ciuc, gab es überhaupt kein medizinisches Personal. Wie in den Untersuchungshaftanstalten haben wir auch hier einen völligen Mangel an psychiatrischem Personal festgestellt. Bei der Ankunft in den Gefängnissen fehlten Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten, und es wurden keine Kondome zur Verfügung gestellt. Es fehlte an effektiven Qualifizierungsprogrammen für Häftlinge, um ihre Wiedereingliederung nach der Entlassung zu erleichtern. Wir haben festgestellt, dass es nicht genügend Personal für die Durchführung von sozialpädagogischen Aktivitäten gibt, von denen die meisten Häftlinge sagen, dass sie sie benötigen. Es gab auch nicht genügend Arbeitsplätze für Häftlinge, ob bezahlt oder nicht. Das ist bei weitem nicht ideal, da der rumänische Arbeitsmarkt einen Mangel an Arbeitskräften hat, während die Gefängnisse voll von Menschen sind, die arbeiten wollen. In Anbetracht dessen wäre es eine gute Idee, wenn das Justizministerium gemeinsam mit dem Arbeitsministerium Lösungen zur Verbindung der beiden Segmente finden würde.

Die Analyse von APADOR-CH und die Schlussfolgerungen der Überwachungsbesuche sind hier vollständig in Rumänisch verfügbar.

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