Technologie & Rechte

Justitz in der Falle: Polens Präsident unterzeichnet neues Gesetz über das Verfassungsgericht

Präsident Andrzej Duda hat das neue Gesetz über den Verfassungsgerichtshof ungeachtet der Appelle von Rechtsexperten und NGOs unterzeichnet.

by Polish Helsinki Foundation for Human Rights
Kancelaria Prezydenta /prezydent.pl

Das am 30. Juli verabschiedete Gesetz ist bereits die dritte Änderung seit November 2015, als die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Regierung übernommen hat.

Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Sejm (das Unterhaus des polnischen Parlaments), gaben Mitglieder des polnischen Helsinki Committee und des Vorstands der Helsinki Foundation for Human Rights eine Erklärung ab, in der sie das neue Gesetz als "einen Rückfall gegen das Prinzip der Gewaltenteilung“ bezeichnen, der den Weg zu einer Diktatur der herrschenden Mehrheit öffnet, die nicht mit Verfassung vereinbar ist".

Ende April 2016 brachten mehrere Abgeordnete von Recht und Gerechtigkeit ein neues Gesetz über das Verfassungsgericht in den Sejm ein. Im Juni 2016 begann die parlamentarischen Beratungen über Gesetzentwürfe, ­die von der Regierungspartei, von anderen Abgeordneten und der Zivilgesellschaft eingebracht wurden.

Tatsächlich beschäftigte sich der Sejm allerdings nur mit dem von der herrschenden Mehrheit vorgestellten Entwurf.

Lähmung des Gerichts

Das neue Gesetz über das Verfassungsgericht führt mehrere Regelungen ein, die zu einer Lähmung der Funktionen des Gerichts führen können.

Der umstrittenste Artikel betrifft die Einführung eines so genannten Sperrmechanismus: bei einer Debatte in voller Besetzung können vier Richter ein Veto gegen das vorgeschlagene Urteil einlegen, was zu einer dreimonatigen Vertagung führen würde. Dieses Veto kann noch einmal wiederholt werden.

Eine weitere Regelung besagt, dass Urteile, die in voller Besetzung gefällt werden, vertagt werden müssen, wenn die ordnungsgemäß informierte Generalstaatsanwaltschaft nicht anwesend ist.

Fragwürdige Richter sollen die Arbeit aufnehmen

Nach dem Gesetzentwurf müssen alle Richter, die vom Sejm ausgewählt und vom Präsidenten vereidigt wurden, umgehend ihre Arbeit aufnehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass der Präsident des Verfassungsgerichts Fälle an die umstrittenen Richter vergeben soll, die im Dezember 2015 ausgewählt und von Duda vereidigt worden sind, um Sitze einzunehmen, die bereits vergeben waren.

Änderungen bei der Veröffentlichung von Urteilssprüchen

Auch das System der Veröffentlichung von Urteilen erfährt Änderungen. Die Entscheidung über ihre Veröffentlichung wird jetzt vom Premierminister auf der Grundlage einer Anfrage durch den Präsidenten des Verfassungsgerichts getroffen.

Darüber hinaus müssen nach dem Gesetz alle Entscheidungen veröffentlicht werden, die vor dem 20. Juli gefällt wurden, jedoch mit Ausnahme jener, die das neue Verfassungsrecht verletzen bzw. die dadurch aufgehobenen Regeln betreffen.

Das bedeutet, dass das Urteil vom 9. März 2016, in dem das Gericht die Änderung des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt, immer noch nicht veröffentlicht wird.

Bis jetzt war es die Aufgabe der Präsidentschaft des Gerichts, gefällte Urteile zu Veröffentlichen und die Veröffentlichung war die obligatorisch.

Die Stellungnahmen der HFHR

Auf Ebene der Gesetzgebungsarbeiten erstellte die Helsinki Foundation for Human Rights zwei Rechtsgutachten zu dem Gesetzentwurf.

Laut der HFHR ist das neue Gesetz "ein weiterer Versuch, das Verfassungsgericht der Exekutivgewallt unterzuordnen. Gleichzeitig führt das Gesetz Mechanismen ein, die es ermöglichen, das Tribunal bei der Erfüllung seiner verfassungsgemäßen Aufgaben zu blockieren. Deshalb appelliert die HFHR an den polnischen Sejm, das Gesetz nicht zu verabschieden".

Donate to liberties

Gemeinsam machen wir den Unterschied

Wenn viele sich zusammenschließen, besiegen wir die wenigen, die denken, sie hätten die ganze Macht. Schließ dich uns an, es geht um Rechte für uns alle.

Mach mit beim Schutz unserer Freiheiten

Wir haben
► Den größten Fonds für Demokratieinitiativen in der EU geschaffen
► Neue Befugnisse geschaffen, um Autokraten die EU
► Finanzierung zu entziehen
► neue EU-Regeln verfasst, um Journalisten und Aktivisten vor Scheinklagen zu schützen

► Über 400 Menschenrechtsverteidiger/innen ausgebildet, um die Kampagnen, die dir am Herzen liegen, zu unterstützen.


Weitere Meilensteine

Gemeinsam machen wir den Unterschied

Wenn viele sich zusammenschließen, besiegen wir die wenigen, die denken, sie hätten die ganze Macht. Schließ dich uns an, es geht um Rechte für uns alle.

Aboniere den Newsletter, um

dabei zu sein

Warum sollte ich?

Du bekommst die neuesten Berichte vor allen anderen!

Du kannst miterleben, wie wir uns für Deine Rechte einsetzen!

Du wirst sehen, was wir erreicht haben!

Zeig mir ältere Ausgaben des Newsletters