EU-Beobachtung

Neue Erkenntnisse im Todesfall Cucchi

Im Prozess gegen die fünf Carabinieri, denen der Tod Stefano Cucchis zur Last gelegt wird, sind neue Beweise aufgetaucht. Der junge Mann ist in einem römischen Krankenhaus an Verletzungen gestorben, die ihm nach seiner Verhaftung zugefügt wurden.

by Fernando Marini

Fünf Carabinieri, die an der Verhaftung von Stefano Cucchi beteiligt waren, müssen sich im so genannten Cucchi-bis-Prozess in einem römischen Gerichtssaal verantworten. In einem ersten Verfahren waren nur die Ärzte des Krankenhauses, in dem Cucchi starb, angeklagt worden.

Roms Polizeichef kann entscheidende Fragen nicht beantworten

Drei der Angeklagten wird fahrlässige Tötung vorgeworfen, während die beiden anderen wegen Verleumdung und Falschaussagen angeklagt sind. Sie hatten versucht, die Wahrheit zu verschleiern und die Ermittlungen zu behindern indem sie Dokumente über Cucchis körperlichen Zustand in der Nacht, in der er nach seiner Verhaftung geschlagen wurde, nachträglich änderten.

Bei der letzten Anhörung vor Gericht wurde Vittorio Tomasone, der zum Zeitpunkt der Ereignisse Oberbefehlshaber der Carabinieri in Rom war, angehört. In dem aktuellen Prozess wurden insbesondere zwei grundlegende Aspekte der Geschichte hervorgehoben: die verzerrte Rekonstruktion von Cucchis Verhaftung (die zu seinem Tod führte), und die medizinischen Untersuchungen, deren Ergebnisse den Carabinieri erstaunlicherweise bereits vor der Ernennung der Experten bekannt waren. Bei seiner Anhörung fragte die Staatsanwaltschaft Herrn Tomasone: "Wie ist es möglich, dass Anfang November 2009 die Ergebnisse der Autopsie transkribiert wurden, obwohl der offizielle Bericht der Experten erst sechs Monate später eintraf"? Dies ist nur eine der Fragen, die der Polizeikommandant nicht beantworten konnte.

Um die Wahrheit zu vertuschen, wurde der Minister absichtlich getäuscht

Zurückblickend erscheint es wichtig festzuhalten, dass mehrere Tage lang keine Nachrichten über den Tod von Cucchi an die Öffentlichkeit gelangten. Erst am 26. Oktober 2009 um 15 Uhr, vier Tage nach dem tragischen Ereignis, veröffentlichte die Agentur ANSA die Nachricht. Patrizio Gonnella, der Präsident des Vereins "Antigone" und Luigi Manconi, der Präsident des Vereins "A buon diritto", erklärten, dass Cucchi bei seiner Verhaftung körperlich in guter Verfassung war, während er am Tag nach dem ersten Verhör instabil war und Anzeichen darauf hindeuteten, dass er zusammengeschlagen wurde. Nach Angaben von Staatsanwalt Giovanni Musarò führten die von Antigone veröffentlichten Nachrichten zu Nervosität im Lager der Carabinieri, was dazu führte, dass Einzelpersonen versuchten, Berichte zu manipulieren und interne Aufzeichnungen zu fälschen.

Einer dieser gefälschten Berichte wurde vom Kommandanten Tomasone unterzeichnet und an Innenminister Alfano weitergeleitet, der am 3. November 2009 in Reaktion auf die erhöhte Aufmerksamkeit der Medien aufgefordert wurde, dem Parlament eine Erklärung vorzulegen. Minister Alfano gab unwissentlich eine falsche Erklärung ab und sprach von einer "kollaborativen Verhaftung". Außerdem erklärte er, Cucchi sei bereits bei seiner Verhaftung in schlechter körperlicher Verfassung gewesen. Offensichtlich wollte Tomasone erreichen, dass Minister Alfano das Parlament belügt, um weitere Untersuchungen zu verhindern und jeden ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Tod von Cucchi und den Schlägen, die er durch die Polizei erhalten hat, zu vertuschen.

Der Fall macht deutlich, wie grundlegend kaputt das italienische Strafrechtssystem ist

Die Anhörung vom 27. Februar wirft ein neues Licht auf die Gewalt im Fall Cucchi und zeigt, wie verkommen das italienische Strafrechtssystem teilweise ist.

Angesichts dieser beschämenden Fakten drängt sich die Frage auf, ob wir jemals die Wahrheit über den Tod von Cucchi erfahren hätten, wenn sich Antigone damals nicht an die Presse gewandt hätte? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Wir hoffen jedoch, dass in diesem Fall am Ende alle Fakten ans Licht kommen, denn wie der Prokurator sagte: "Es geht nicht mehr darum, einzelne Verantwortlichkeiten im Falle des Todes eines jungen Menschen zu identifizieren, vielmehr steht mittlerweile die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems auf dem Spiel".

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