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Mädchen gewinnt in Straßburg gegen Bulgarien wegen Heimeinweisung

Ein weiteres Urteil gegen Bulgarien zeigt die Probleme im System der Jugendgerichtsbarkeit und den fehlenden Kinder- und Jugendschutz im Allgemeinen.

by Bulgarian Helsinki Committee
(Image: Stewart Black - Flickr)

Die Antragstellerin, Darina (Name geändert), kam 1999 in Pleven zur Welt. Sie wuchs in einer dysfunktionalen Familie auf. Am 2. August 2012 wurde sie in einem "Zentrum für Kinder in der Krise" untergebracht.

Ein Jahr später forderte das lokale Komitee zur Bekämpfung von anti-sozialem Verhalten von Jugendlichen das Gericht auf, die Klägerin in einer „Erziehungsanstalt“ unterzubringen, insbesondere um sie vor möglichem sexuellen Missbrauch zu schützen.

Das Gericht lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt aufgrund des ungünstigen Umfeldes, welches diese Einrichtungen böten, einen negativen Einfluss auf die psychische und soziale Entwicklung des jungen Mädchens haben könne.

Selbstmordversuch

Einen Monat nach dieser Entscheidung beantragte das lokale Komitee erneut Darinas Unterbringung in einer Erziehungsanstalt weil sie immer wieder weglaufe, einen instabilen familiären Hintergrund habe und sich regelmäßig mit Menschen treffe, die sie zu unmoralischen Verhalten ermutigten und ihr nahelegten "sexuelle Dienste" anzubieten.

Dieses Mal ordnete das Gericht, trotz ihres ausdrücklichen Wunsches nicht dorthin zu gehen, Darinas Einweisung in einer Erziehungsanstalt an. Wenige Tage vor dem Umzug unternahm Darina einen Selbstmordversuch.

Nach einem zweitägigen Krankenhausaufenthalt wurde sie in ein Internat im Dorf Podem geschickt. Die Menschen, die sie zur Prostitution aufforderten wurden nicht bestraft.

Lesen ihrer Post

Im Jahr 2014 trat Darina vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und wurde pro bono vom Bulgarian Helsinki Committee (BHC) vertreten.

Darina argumentierte, ihre Zwangsunterbringung in einer Erziehungseinrichtung sei eine Verletzung von Artikel 5.1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Außerdem argumentierte sie, es sei ihr nicht möglich gewesen, die Maßnahme ordentlich von einem Gericht überprüfen zu lassen, wodurch Artikel 5.4 verletzt worden sei (Recht auf zügige Haftprüfung).

Sie beklagte sich auch, die Überwachung ihrer Korrespondenz und ihrer Telefongespräche in der betroffenen Einrichtung habe gegen Artikel 8 der Konvention verstoßen (Recht auf Privat- und Familienleben).

Der EGMR urteilte, Darinas Recht nach Artikel 5.4 sei verletzt worden, da sie nicht von einer ordentlichen und automatischen gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Einweisung habe profitieren können. Das bulgarische Recht sieht keine regelmäßige gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eine Zwangseinweisung vor und Kinder in Internaten haben ebenso wenig wie ihre Eltern das Recht, die Überprüfung einer solche Erziehungsmaßnahme zu beantragen.

Das Gericht war außerdem der Auffassung, die automatische Überwachung der Korrespondenz von Minderjährigen in der Einrichtung in Podem und die pauschale Überwachung von Darinas Telefonaten mit Familienangehörigen, Menschenrechtsorganisationen, usw. beruhe nicht auf einer individuellen Risikobewertung und stelle somit eine Verletzung von Artikel 8 der Konvention dar.


Eine englischspachige Pressemitteilung finden Sie hier.
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